Inter hoch 3

von 14. November 2025 - Ganztägig
bis 16. November 2025 - Ganztägig
Zentralwerk Kultur- und Wohngenossenschaft
Riesaer Str. 32, Dresden, 01127
Zum Kalender hinzufügen: iCal Download

14. bis 16.11., 23.11. sowie 05.12. und dazwischen
Inter hoch 3: Intermedia × International × Intergenerational
„Inter Hoch 3“ ist ein interdisziplinäres Festival in drei Schritten, das an das legendäre Festival
„Intermedia I“ vor 40 Jahren (1985, Coswig) erinnert – einen Moment künstlerischer Selbstermächtigung in der DDR.

In Kooperation mit verschiedenen Partner*innen und gemeinsam mit
Zeitzeug*innen und heutigen Künstler*innen spüren wir nach, was bleibt, was vergessen wurde – und
was daraus entsteht. „Inter Hoch 3“ lädt ein, Brüche, Übergänge und Resonanzen zwischen
Generationen, Szenen und Ländern sichtbar zu machen – als kollektive Spurensuche zwischen
Vergangenheit und Gegenwart. In Auseinandersetzung mit der historischen Intermedia begleiten sich
organisch entwickelnde Ausstellungen und Projekte in Zusammenarbeit mit Zonic (Leipzig), Studio
Bubec (Prag) und Studierenden der HfBK Dresden im gesamten Zeitraum die angekündigten Events.
(Verschiebungen im Programm sind möglich, siehe dazu aktuelle Infos auf www.zentralwerk.de)
Gefördert von Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds. In Zusammenarbeit mit
Zonic (Leipzig), Studio Bubec (Prag), Studierende der HfBK Dresden, unterstützt von Pilsner Urquell.
Teil 1: Die Intermedia 1985 in Coswig – Filme, Talk, Präsentation, Livemusik

Fr 14.11., 20 Uhr:
Film: Spuren des Performativen – Die Intermedia I in Coswig 1985 (R: Thomas Claus, 2017, 45 min)
Der Dokumentarfilmer Thomas Claus, selbst Zeitzeuge des Festivals Intermedia, rekonstruierte 2017
zur Ausstellung „Geniale Dilletanten – Subkultur der 1980iger Jahre in West- und Ostdeutschland“ im
Dresdner Albertinum das Geschehen von 1985 als schillernde Montage aus Interviews mit Beteiligten,
einer Unzahl an Fotos und Lärm-Attacken von wiedergefundenen Tondokumenten. Ein idealer
Einstieg.
Talk: Intermedia I, Coswig 1985: Ein Rückblick mit Christoph Tannert, Osmar Osten, Christine
Schlegel und Jürgen Gutjahr
Der direkte Rückblick auf „Intermedia I“ erfolgt aus verschiedenen Perspektiven. Mit Christoph
Tannert als einem der Hauptorganisatoren in der Brückenfunktion zwischen Kunst und Subkultur,
dem Künstler Osmar Osten, der an einer Malaktion zu Sounds der Rennbahnband teilnahm, Christine
Schlegel, zu deren Super8-Filme die Tänzerin Fine live agierte, sowie Jürgen „Chaos“ Gutjahr,
damals schon Ex-Sänger von Leipzig erster Punkband Wutanfall, der mit seinem radikalen Industrial-
Performance-Projekt Pffft…! das Publikum spaltete.
Live:
MCH Trio (Prag)
Mikolas Chadima gründete die MCH Band 1982, nachdem er zuvor mit den vom Prog Rock
kommenden Extempore ein Pionier des tschechischen Punk war und zudem Mitglied der
Performancegruppe Kilhets, die er neben anderen auf Fist Records veröffentlichte, dem wohl frühesten illegalen Kassetten-Label des Ostens. Zugleich agierte er westlich vernetzt. So performte er
1981, einmalig außer Landes gelassen, in London mit Chris Cutler und Mitgliedern von This Heat oder
The Work. Zur Grenzüberschreitung gehörte auch, dass er deutsche Texte vertonte, darunter solche
des Ex-DDR-Dissidenten Jürgen Fuchs. In den 1980ern als Mitzeichner der Charta 77 in den
Underground verwiesen, veröffentlichte er zudem 1987 das Samisdat-Buch „Alternativa“, einen
persönlichen Szene-Rundblick. Die MCH Band entwickelte dabei einen spezifischen, stets
experimentellen und oft dunklen Sound, der Mitte der 1980er, zur Zeit von Intermedia I, auch
Elemente des psychedelischen Industrial aufnahm, als sie Konzeptalben zu Orwells „1984“ aufnahm.
Pffft…! (Berlin)
Gegründet 1983/84 von zwei Ex-Mitgliedern der ersten Punkband Leipzigs, Wutanfall, standen
Pffft…! für den konsequenten Schritt gen Industrial, wobei sich zu Tape-Loops und Metall-Perkussion
in der Frühphase noch die performativen Einlagen des Künstlers Hans-Joachim Schulze kamen, der
nach dem Ende seiner Gruppe 37,2 neue Aktionsfelder erschloss. Ihr Auftritt in Coswig, bei dem
Schulze von der Stasi aus dem Saal getragen wurde, entfachte Begeisterung wie Empörung und
blieb so besonders in Erinnerung. 2026 pflegt Pffft…! um Jürgen „Chaos“ Gutjahr noch immer den
Krach, mit um vier Dekaden Erfahrung reicher Intensität.

Sa 15.11., 20 Uhr:
Live:
Zuby Nehty (Prag)
Zuby Nehty stehen in einer langen Entwicklung in der Folge zweier Bands, die als erste komplett
weibliche der New Wave-Szene im Osten gelten können. Gegründet 1980 als Plyn, die 1983 auf der
schwarzen Liste landeten, und daher ab 1984 als Dybbuk weitermachten, aus denen Anfang der
1990er die gemischter agierenden Zuby Nehty hervorgingen. Ihr Sound hat teils etwas von der
Fragilität früher Post Punk-Bands wie den Raincoats, die sich aber auch erst später erschlossen, ist
vor allem jedoch komplett eigenständig.

So 16.11., 19 Uhr:
Präsentation: Intermedia I als internationale Imagination
Coswig 1985 war ein allein auf die DDR abzielendes und aus deren Szene schöpfendes Ereignis. In
einer mehrmedialen Präsentation wollen Christoph Tannert und Alexander Pehlemann, beide Kenner
wie Liebhaber und vielfach Partner osteuropäischer Kunst- und Subkultur, mit kurzen Porträts
imaginieren, welche möglichen Teilnehmer es 1985 gegeben hätte, wenn das Programm auf
Osteuropa hätte ausgedehnt werden können. Ein Gedankenspiel als Exkursion in oft unbekannte
Kreativfelder der „Ostblock“-Nachbarschaft, das zugleich das DDR-Geschehen in einen Vergleich
nimmt.
Film: „Nachtlied des Hundes“ (Ungarn, 1983, R: Gábor Bódy, 150 min)
Der mehrfach in der DDR aufgeführte und Teile der Szene extrem inspirierende Film des 1985
verstorbenen Regisseurs Gábor Bódy ist ein interessanter Versuch, mittels vermischter Filmtechniken
eine wilde Realität abzubilden. Die linear erzählte Geschichte, darunter eines möglicherweise falschen
Priesters, eines Astronomen mit Schamanenpunk-Band oder einer Offiziers-Ehefrau, die den
Ausbruch als Sängerin sucht, bricht sich mit Super-8-Ausschnitten, die die Sicht eines Kindes
widerspiegeln, und Videos, die zwei der wichtigsten ungarischen Underground-Gruppen zeigen: A.E.
Bizottság und Vágtázó Halottkémek aka Rasende Leichenbeschauer. Eine nachdenkliche Metapher
über Glauben, Glaubensarmut und Liebessehnsucht, spontan und assoziativ, voller aberwitziger
Symbole und Aktionen.

terminal.digital