In der DDR, die sich als Arbeiter- und Bauernstaat begriff, waren wesentliche Teile des Alltags über Betrieb und Arbeit strukturiert. Wir sprechen in der Veranstaltung über die Rolle und den Wert der Arbeit in der DDR: War die DDR eine „Arbeitsgesellschaft“? Wie war die Arbeit, wie war der Betrieb mit dem Familienalltag, der Freizeit, dem gesellschaftlichen Engagement verbunden? Wie identitätsbildend war Arbeit im Osten damals, wie wichtig ist sie heute? Welche Auswirkungen hatten Brüche in der Berufsbiografie und der drastische Anstieg der Arbeitslosigkeit nach der Wende?
Impulsvortrag: Dr. Jessica Lindner-Elsner, Historikerin und Archivleiterin im Museum „automobile welt eisenach“, beleuchtet die Rolle der Betriebe in der DDR und den Stellenwert von Erwerbsarbeit mit dem Schwerpunkt auf die Zeit von 1970 bis in die frühen 1990er Jahre. Ein besonderes Augenmerk legt sie dabei auf verschiedene Beschäftigungsgruppen, wie Vertragsarbeiter:innen, Rehabilitand:innen, Strafgefangene und werktätige Frauen.
Über die Gesprächsforen „Alltag im Osten – emanzipiert, freizügig, sozial?“
In Gesprächsforen wollen wir uns von August bis Oktober über Utopie und Alltag in der Gesellschaft der DDR und im Ostdeutschland der Nachwendezeit austauschen. Ihrem Selbstverständnis nach war die DDR eine klassenlose Gesellschaft, die die Gleichberechtigung der Frauen förderte, Partnerschaft und Sexualität frei von kirchlichen Dogmen lebte und die sich als solidarische Arbeitergesellschaft verstand. Wir wollen diese Ideale im Alltag überprüfen und uns über individuelle Erfahrungen in der Vergangenheit und Gegenwart des Ostens austauschen. Wirken diese Wertvorstellungen und Gesellschaftsbilder bis heute fort – und wenn ja, wie zukunftsfähig sind sie? Was sollten wir bewahren, was neu erfinden, worüber und womit müssen wir uns kritisch auseinandersetzen?
Zur thematischen Einstimmung zeigen wir im Vorfeld Dokumentar- oder Spielfilme, die sich mit den Aspekten des DDR-Alltags auseinandersetzen, die in den jeweiligen Gesprächsforen behandelt werden. Die Foren selbst beginnen mit einem Impulsvortrag, anschließend können sich die Teilnehmenden in moderierten Gesprächsgruppen über Wahrnehmungen und Realitäten der ostdeutschen Gesellschaft in Vergangenheit und Gegenwart austauschen.