Die Studien zum autoritären Charakter erfuhren nicht nur in der Soziologie und der Kritischen Theorie, sondern auch in der Pädagogik eine breite Rezeption. Dabei standen verschiedene Annahmen der älteren Kritischen Theorie zur Disposition: sind die zur Erklärung herangezogenen Ängste des autoritären Charakters phantasiert oder real? Wird dabei eine gewisse Charakterstruktur nur aktivieren oder ist das Verhalten eine autoritäre Reaktionsbildung? Sind also Verhaltensformen das Resultat einer Persönlichkeitseigenschaft, eine anthropologische Invariante oder das subjektive und situative Syndrom politischer Zustände? Ist die Figur des gegenwärtigen Sozialcharakters nicht eher narzisstisch als autoritär geprägt? Mit diesen Fragestellungen werden mithin unterschiedliche Zusammenhänge zu dem Einfluss und Effekt von Erziehungsstilen sowie von geschlechts- und schichtspezifischen Sozialisationsformen aufgemacht.
Der Vortrag vollzieht einige Entwicklungslinien der pädagogischen Diskussion nach und setzt die Forschung in den Kontext aktueller Debatten.
Daniel Burghardt ist Professor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt soziale Ungleichheit und politische Bildung an der Universität Innsbruck. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Kritischen Theorie, der Antisemitismus- und Rassismusforschung, sowie in der Erziehungs- und Bildungsphilosophie.